Chatbots – Hype oder Zukunft?
Das Phänomen Chatbots: Was können diese virtuellen Sprachassistenten schon jetzt oder werden sie zukünftig in der mobilen Kommunikation von Unternehmen leisten?
Chatbots sind Computerprogramme, die auf Nutzeranfragen möglichst natürlich, also menschlich antworten. Bei Fragen nach dem Wetter und Lokalempfehlungen, aber auch für den Support oder für Flugbuchungen gibt es bereits gut funktionierende Sprachassistenten. Immer mehr Unternehmen entdecken den Nutzen der chattenden Roboter für sich.
Der Chatbot als ausgefeilte Mensch-Maschine-Beziehung gilt als nächster Meilenstein im digitalen Zeitalter. Aber sind Chatbots wirklich die Zukunft der mobilen Kommunikation von Unternehmen? Erfahren Sie hier, was Chatbots sind, wo und in welcher Form sie bereits erfolgreich eingesetzt werden und welches Potential für Ihr Unternehmen in ihnen steckt.
Was sind Chatbots überhaupt?
Im Grunde handelt es sich bei Chatbots um den Verwirklichung einer Vision, die bereits in zahlreichen alten Science-Fiction-Filmen gezeigt wurde: eine ausgereifte automatische Sprachsteuerung, die uns das Leben erleichtert. Man hat eine Frage, tippt oder spricht sie in das Smartphone, Tablet oder Desktop ein und erhält sofort eine korrekte Antwort.
Chatbots beruhen auf einer Technologie mit künstlicher Intelligenz, die Unterhaltungen mit menschlichen Nutzern simulieren soll. Chatbots gibt es schon länger, denkt man an virtuelle Assistenten wie Microsofts Cortana oder Apples Siri, die inzwischen immer mehr und vielfältigere Kommunikationsaufgaben übernehmen können. Die Vision dahinter ist, Chatbots zu virtuellen Online-Assistenten, Beratern oder sogar Freunden zu machen.
Mittlerweile kommen laut Google etwa die Hälfte aller Suchanfragen über Smartphones und davon bereits rund 20 Prozent per Spracheingabe. Die Qualität der akustischen Spracherkennung sowie der Wiedergabe von Syntax (Satzbau) und Semantik (Bedeutung) sind herangereift, die Systeme mittlerweile intelligent und selbstlernend. So behauptet Google, dass sogar mit Akzent gesprochene Sprachbefehle problemlos verstanden werden.
Wie funktionieren Chatbots?
Die derzeit häufigste Anwendungsform von Chatbots ist, dass sie in Messenger- oder Social-Media-Apps wie WhatsApp oder Facebook implementiert werden. Dort können sie die gesamte Steuerung eines Accounts beziehungsweise Profils übernehmen und automatisch auf eingetippte Anfragen reagieren.
Die meisten Chatbots funktionieren auf der Basis von Skripts. Für ihre Antworten greifen Bots auf diese angelegten Wissensdatenbanken zurück, die vorgefertigte Antworten nach dem Wenn-dann-Prinzip liefern. Im folgenden Beispiel kommuniziert ein Nutzer mit dem Chatbot eines Restaurants. Die Anfrage wird automatisiert nach Schlüsselwörtern analysiert und nach zuvor definierten Regeln beantwortet:
„Ich möchte einen Tisch für 19 Uhr kommenden Donnerstag.“
„Okay, für wie viele Personen?“
„Vier.“
„Auf welchen Namen lautet die Reservierung?“
„Stephanie Bogner.“
„Ich habe einen Tisch für Sie reserviert amDonnerstag, den 10.08.2017, um 19 Uhr, für vier Personen.“
Wo begegnen uns Chatbots bereits heute?
Im April 2017 gab Facebook bekannt, dass über 100.000 Bots für den Facebook Messenger entwickelt wurden – nur ein Jahr, nachdem das Unternehmen allen Entwicklern die entsprechenden Werkzeuge zur freien Verfügung gestellt hatte. Diese Facebook-Tools helfen unter anderem bei der Erstellung, der Konfiguration und dem Launch des eigenen Bots. Somit können auch Menschen ohne Programmierkenntnisse innerhalb kürzester Zeit kostenlos einen Chatbot entwickeln.
Schon jetzt übernehmen Chatbots zahlreiche Aufgaben eines Assistenten wie die persönliche Terminplanung. Aber auch wenn es um tagesaktuelle Informationen wie die Wettervorschau, News, die Verkehrslage oder Börsenwerte geht, kann ein virtueller Sprachassistent mittlerweile fundiert und zufriedenstellend antworten.
Typische Anwendungen von Chatbots:
- Chatbots in Messaging-Apps wie WhatsApp, Facebook, Telegram
Zum Beispiel: Poncho, der Wetterdienst auf Facebook. Die Nutzer können mit Poncho, der Wetterkatze, chatten, um aktuelle Wetterinformationen abzufragen und mit ihr Smalltalk zu halten. - Chatbots als erweiterter Kundenservice
Hier dient der Chatbot als ständig verfügbare Online-Wissensdatenbank oder FAQ. Nutzer richten via Messenger-App bequem ihre Fragen zu Bestellungen oder Beschwerden an die Chatbots, die diese dann mit vordefinierten, schlüsselwortbasierten Lösungen beantworten. Ist der Nutzer unzufrieden und möchte, dass seine Anfrage weiterbearbeitet wird, leitet der Bot sie an den Kundendienst weiter.
Zum Beispiel: Ally Assist im Bereich Mobile Banking. Die Nutzer können über Text oder Sprache mit dem Bot kommunizieren und Konten überwachen, Rechnungen bezahlen, Überweisungen ausführen und vieles mehr. - Chatbots als smartere, persönlichere Suchfunktion in Onlineshops oder in einem Support-Forum
Auf vielen Webseiten findet man neben der klassischen FAQ-Liste ein Dialogfenster, in das man Fragen eingeben kann, die an einen Chatbot gehen. Dieser hat die Aufgabe, gezielte Fragen zu Interessen, Geschmack etc. zu stellen und basierend darauf entsprechende Produkte zu empfehlen.
So zum Beispiel der Chat von H&M. Der Bot berät bei der Auswahl von Kleidung und Accessoires, indem er dem Nutzer Outfits zeigt und ihn wählen lässt, welcher Stil ihm besser gefällt. So lernt der Bot den Geschmack des Kunden kennen und kann seine Vorschläge präzisieren.
Welches Potenzial steckt dahinter?
Es wird deutlich, dass Chatbots nicht nur privat, sondern auch von Unternehmen für viele Kommunikations- und Organisationsaufgaben eingesetzt werden können. So kann Apples Sprachassistentin Siri Währungen umrechnen, einen Song erkennen oder eine virtuelle Münze werfen. Dank der reichweitenstarken Messenger-Dienste ist das Potential von Chatbots aber auch für Marketingzwecke äusserst vielversprechend.
Chatbots im Kundenservice können endlich die kundenfreundliche 24/7-Erreichbarkeit erfüllen – ganz ohne Warteschleife, Feierabend und die Rücksicht auf Zeitzonen. In der Praxis werden sie im Kundenservice derzeit meist zusätzlich moderiert. Sobald die Technik ausgereifter sein und die Akzeptanz der Kunden stimmen wird, wird ein Unternehmen sein Callcenter verkleinern und Kosten sparen können.
Die technische Hürde, mit einer Maschine oder künstlichen Intelligenz zu kommunizieren, ist niedriger, als viele annehmen. Für Kunden ist es sehr einfach, mit einem Unternehmen über dieselbe Anwendung zu kommunizieren, über die sie täglich mit der Familie und Freunden chatten. Dafür spricht auch, dass der Kunde nichts extra installieren muss, um den Chatbot zu verwenden. Grundsätzlich muss ein Nutzer nur etwas über den Messenger (z. B. bei Facebook) an die Seite des Unternehmens schreiben, um von dessen Bot eine Antwort zu bekommen.
Viele Kunden schätzen an Chatbots, dass sie Dinge schneller und leichter erledigen können. Das bestätigt auch der Trend weg von Apps hin zu Plattformen. Viele User finden es lästig, für jeden Dienst eine eigene App herunterzuladen. Daher versuchen die grossen Plattform-Betreiber wie Google, Facebook und Microsoft, immer mehr externe Dienste und Angebote zu integrieren.
Was dürfen sich Unternehmen von Chatbots erhoffen?
Aus unternehmerischer Sicht sind vor allem die neuartige Kundennähe und das Automatisieren der Kommunikationsprozesse spannend. Zudem bietet eine immer weiter ausgereifte Technologie in Verbindung mit der steigenden Nutzung der Messaging-Apps enorme Chancen für Unternehmen aller Branchen und Grössen.
Wichtig ist, technisch am Ball zu bleiben und die Entwicklung im Bereich künstlicher Intelligenz und Chatbots genau mit zu verfolgen. Klar ist, dass sie in der Nutzung nicht auf PC, Laptop oder mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets beschränkt bleiben werden. Zukünftig wird es darum gehen, Chatbots überall verfügbar zu machen, also im Auto, Zuhause oder öffentlichen Raum.
So werden Bots alle persönlichen Bedürfnisse im Alltag und in der Arbeit erfüllen: Kaufe die neue Staffel meiner Lieblingsserie! Gibt es diese Hose auch in meiner Grösse? Suche alle E-Mails für den Kunden XY heraus! Oder der Bot fragt: Soll ich eine neue Zahnbürste für dich kaufen? Soll ich dich immer um 6:30 Uhr wecken? etc.
Insbesondere bei einfachen Fragen und dementsprechend schnell und zuverlässig zu generierenden Antworten kann ein Chatbot schon jetzt ein gewinnbringendes Element sein und Unternehmen dabei helfen, einiges an Ressourcen, Geld und Zeit zu sparen.
Chatbots – Best-Practice-Beispiele
Die HDFC-Bank setzt einen Chatbot bei Facebook Messenger ein, um damit Kunden zu beraten und bestimmte Finanztransaktionen anzubieten. Der Facebook-Bot von KLM Royal Dutch Airlines stellt seinen Kunden nach der Buchung die Daten zum Flug sowie aktuelle Informationen zu Flugverspätungen oder Check-in-Zeiten zum Abruf bereit. KLM fragt nach der Buchung den Kunden, ob er die Informationen, Buchungsbestätigung und Updates auf seinem Messenger empfangen möchte. Im Chat kann der Kunde zudem weitere Fragen stellen und Informationen abrufen.
Auch in der Schweiz ist das Interesse der Unternehmen durchaus gross. Allerdings gibt es erst wenige Praxisversuche. So experimentiert die Swisscom-Tochterfirma Search.ch mit drei Facebook-Bots, mit denen Anfragen zum Kinoprogramm, Wetterbericht und bezüglich Zugverbindungen beantwortet werden. Sobald eine Funktion einmal über den jeweiligen Link benutzt wurde, kann man den Bot im Facebook-Messenger direkt mit „Hi“ oder „Hello“ anchatten.
Fazit
Trotz des aufkommenden Hypes steckt das Phänomen Chatbots noch in den Kinderschuhen, doch das Interesse ist gross und die Ideen für zukünftige Einsatzgebiete schier endlos. Aber sind die intelligenten Sprachassistenten nun nur ein vorübergehender Marketing-Hype oder ein ernst zu nehmendes Marketingwerkzeug für Unternehmen?
Dass sie funktionieren, beweisen die gut funktionierenden einfacheren Chatbots zum Beispiel im Kundenservice. Ob sich eine Investition lohnt, hängt grundsätzlich von zwei Fragen ab: Kann ein Chatbot irgendwann auch eine komplexere Kommunikation übernehmen und einen Menschen ersetzen? Erhält der Kunde durch die Kommunikation mit einer Maschine, wie sie das Unternehmen anbietet, einen echten Mehrwert? Sobald künstliche Intelligenzen in der Lage sein werden, flexibler und ausgereifter mit Nutzern zu interagieren , werden sich enorme Chancen eröffnen – insbesondere für das Marketing.
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